“Industrie 4.0”-Konzepte und -Methoden liefern dringend benötigte neue Ansätze, den Cluster Wald und Holz durch Optimierung bestehender Prozesse aber auch mit neuen Geschäftsmodellen in die Zukunft zu führen.Die Initiative „Wald und Holz 4.0“ hat das Ziel, die im Rahmen von „Industrie 4.0“ entwickelten Ansätze auf die Verhältnisse im Cluster Wald und Holz zu übertragen, weiterzuentwickeln und auf diese Weise dessen strukturellen Nachteile durch ein neues, aus intelligenten und dezentral agierenden Komponenten und Diensten bestehendes Internet der Dinge und Dienste zu überwinden.
Was ist „Industrie 4.0“?
Der Begriff „Industrie 4.0“ entstand im Jahr 2011 als Zukunftsprojekt im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung im Kontext der Digitalisierung der Industrie. In größerem Rahmen öffentlich bekannt wurde er im Rahmen der Hannover Messe 2011, als Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Idee als Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der verarbeitenden Industrie in Deutschland vorstellten [1]. Auf der Cebit 2015 gaben die Bundesminister für Bildung und Forschung sowie für Wirtschaft und Energie gemeinsam den Startschuss zur Gründung der Plattform Industrie 4.0, die den Begriff „Industrie 4.0“ mittlerweile wie folgt definiert: „Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution, einer neuen Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten. Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend individualisierten Kundenwünschen und erstreckt sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die Auslieferung eines Produkts an den Endkunden bis hin zum Recycling, einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen. Basis ist die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit durch Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen sowie die Fähigkeit aus den Daten den zu jedem Zeitpunkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten. Durch die Verbindung von Menschen, Objekten und Systemen entstehen dynamische, echtzeitoptimierte und selbst organisierende, unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich nach unterschiedlichen Kriterien wie beispielsweise Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch optimieren lassen.“ (siehe Umsetzungsstrategie Industrie 4.0 – Ergebnisbericht der Plattform Industrie 4.0). Unzweifelhaft stehen Themen wie Cyber-Physical Systems, Internet der Dinge, Internet der Dienste, Smart Factory oder Smart Product im Mittelpunkt der Entwicklungen. Wichtige Grundlagen liefern Big Data-Technologien, Cloud Computing oder die „Machine-to-Machine Communication“.
Von „Industrie 4.0“ zu „Wald und Holz 4.0“
„Industrie 4.0“ hat seinen Ursprung im Bereich der produzierenden Industrie. Die Konzepte und Methoden werden zunehmend in weiteren Bereichen eingesetzt. Schon heute spricht man von „Bauindustrie 4.0“ oder „Farming 4.0“ ebenso wie von „Smart Grids“, „Smart Health“ oder „Smart Port“. Die Nutzung von „Industrie 4.0“-Konzepten im Cluster Wald und Holz ist daher konsequent. Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Cluster grundlegend von der produzierenden Industrie: Er ist deutlich vielschichtiger, liefert diverse „Produkte“ (Holz, Wild/Jagd, CO2-Speicherung, Schutz-, Erholungs- und weitere Ökosystemleistungen und Waldfunktionen, …), verfügt entsprechend über diverse „Produktionsprozesse“ (z. B. die biologische und technische Produktion) und setzt sich aus unterschiedlichsten Akteursgruppen und Akteuren mit unterschiedlichem Organisationsgrad, unterschiedlichen Zielsetzungen, Interessenslagen und Geschäftsmodellen zusammen. Zudem ist eine verlässliche Kommunikationsinfrastruktur — elementar für das Internet der Dinge und Dienste —wahrscheinlich noch auf Jahre hinaus problematisch.
Doch gerade vor dem Hintergrund dieser Vielschichtigkeit und Heterogenität in seiner Struktur und in den Zielen seiner Akteure liefern die „Industrie 4.0“-Konzepte und ‑Methoden dringend benötigte neue Ansätze, den Cluster Wald und Holz durch Optimierung bestehender Prozesse aber auch mit neuen Geschäftsmodellen in die Zukunft zu führen. Denn die Herausforderungen, die sich dem Cluster Wald und Holz im Sinne einer nachhaltigen und naturnahen Waldbewirtschaftung unter Nutzung bzw. Berücksichtigung der vielfältigen Ökosystemleistungen und Waldfunktionen sowie unter den vielfach noch unbekannten Randbedingungen des Klimawandels stellen, wachsen stetig.
Entsprechend hat die Initiative „Wald und Holz 4.0“ das Ziel, die im Rahmen von „Industrie 4.0“ entwickelten Ansätze auf die Verhältnisse im Cluster Wald und Holz zu übertragen, weiterzuentwickeln und auf diese Weise dessen strukturellen Nachteile durch ein neues, aus intelligenten und dezentral agierenden Komponenten und Diensten bestehendes Internet der Dinge und Dienste zu überwinden. Die hierzu notwendigen Arbeiten greifen sowohl „im Detail“ bei einzelnen Komponenten und Beteiligten als auch bei übergreifenden Geschäftsmodellen und ‑prozessen an. Die Handlungsfelder sind vielfältig. Die Bandbreite reicht von intelligenten und vernetzten Sensoren, Menschen, Maschinen und Wäldern („Smart X“) über neue Wartungs- und Dienstleistungsangebote (z. B. „Predictive Maintenance“ oder „Predictive Forest Management“) und neuen Informations-, Planungs- und Steuerungssystemen bis hin zu neuen Dienstleistungsformen. Viele der hierzu notwendigen Sensoren und Algorithmen sind bereits heute verfügbar.
Der Ansatz für „Wald und Holz 4.0“
Die nachfolgende Abbildung illustriert den Ansatz von „Wald und Holz 4.0“ in Abwandlung des Referenzmodells für das Internet der Dinge und Dienste aus den Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. „Dinge“ wie Maschinen, Maschinenkomponenten, Produkte, Daten und Beschreibungen, aber auch die Menschen kommunizieren über das Internet. Dienste stellen Softwarebausteine und Dienstleistungen zur Verfügung und werden mit den Dingen für unterschiedliche Anwendungsfelder in unterschiedlichen Geschäftsprozessen miteinander verknüpft. Grundlage hierfür sind so genannte „Digitale Zwillinge“, virtuelle Abbilder realer Objekte und Dienste mit ihren (Meta-) Daten und Funktionen unter Nutzung ihrer Kommunikationsfähigkeiten im Internet. Diese werden dann zu clusterübergreifenden Netzwerken verknüpft. „Industrie 4.0“ legt hier mit der Weiterentwicklung von Kommunikationsstandards wie MQTT, OPC UA oder MTConnect die Grundlage. Ergänzend sind übergreifende Datenstandards für den Cluster Wald und Holz notwendig.